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ATZ Automobiltechnische Zeitschrift - 18. Heft - 25. September 1940 - Jahrgang 43

- Seiten 443 und 444

 

Gasgeneratoren im Krieg und Frieden

Von Generalmajor und Unterstaatssekretär v. Schell, Generalbevollmächtigter für das Kraftfahrwesen


Mir ist die Aufgabe gestellt worden, durch Zusammenfassung aller Kräfte des Kraftfahrwesen einheitlich auszurichten, den bisherigen Typenwirrwarr zu bereinigen und durch planmäßigen Einsatz der für den Kraftfahrzeugsektor verfügbaren Rohstoffe und Fertigungsstätten ein Höchstmaß von Produktion zu erzielen. Die Planungen zur Erreichung dieses Zieles sind bekannt. Der Kriegsausbruch traf die Kraftfahrzeugwerke mitten in den entsprechenden Umstellungsarbeiten. Es war also die vordringlichste Aufgabe, die Kraftfahrzeugindustrie so bald als möglich auf die Kriegsnotwendigkeiten auszurichten.

Diese Überleitung aus der Friedenswirtschaft in die Kriegswirtschaft erforderte selbverständlich eine gewisse Zeit. Es wurden auf weite Sicht sofort alle Maßnahmen ergriffen, um das ungestörte Ablaufen eines Produktionsprogramms zu gewährleisten, das insbesondere auf unsere beschränkte Materialdecke abgestimmt war. Damit sind zwei Dinge erreicht worden:

Die Sicherung der Herstellung von Kraftfahrzeugen im Rahmen des Möglichen und

die Aufteilung der Fertigung auf die kriegsnotwendigen Typen

Die gesamte Bestellung aller Kraftfahrzeuge wurde zentral durch meine Dienststelle zusammengefaßt, ebenso eine Verteilung der Produktion an die Bedarfsträger.

War somit die Fertigung von Kraftfahrzeugen auf lange Sicht gesichert, so mußte nun auch die dauernde Versorgung dieses Kraftwagenparkes mit Betriebsmitteln gewährleistet werden. Hierzu gehört nicht nur die Bereitstellung von Ersatzteilen und Reifen, die Erfassung von Instandsetzungsstätten mit dem notwendigen Fachpersonal usw., sondern selbstverständlich auch die Versorgung mit Kraftstoff. Obwohl durch den Vierjahresplan die Eigenversorgung Deutschlands mit flüssigen Kraftstoffen schon seit Jahren vorbereitet war, und der Überblick über unsere Kraftstoffvorräte bei Kriegsbeginn zu keinerlei Besorgnissen Anlaß gab, müßten wir doch im Hinblick auf den Ernst des Krieges und seine nicht vorsehbare Dauer alle Vorbereitungen treffen, welche ein Durchhalten auch für Jahre sichern konnten. Dies erschien um so notwendiger, als derartige Maßnahmen bis zu ihrer Auswirkung einer langen Anlaufzeit bedürfen, also erst nach einer gewissen Zeit wirksam werden können.

Es mußte infolgedessen von Kriegsbeginn an mit allen Mitteln danach gestrebt werden, die Decke an flüssigen Kraftstoffen dadurch zu entlasten, daß die heimische Wirtschaft in steigenden Maße sich anderer, nichtflüssiger Kraftstoffe bediente. Als solche boten sich an: Treibgas und Generatorgas, während Strom im Elektrofahrzeug durch den bedeutenden Aufwand an Nichteisenmetallen nur sehr beschränkte Möglichkeiten einer Entlastung bringt. Die grundsätzliche Verfügung für die Umstellung der Wirtschaftsfahrzeuge auf heimische feste und gasförmige Kraftstoffe ist am 16. September 1939 im Reichsverkehrsblatt erschienen, ihre Auswirkung ist nicht nur im Straßenbild, sondern vor allem in einer wesentlichen Verbrauchsminderung festzustellen. Es laufen jetzt schon etwa die Hälfte aller Nutzkraftfahrzeuge über 2 t mit nichtflüssigem Betriebstoff. Beim Erlaß der grundlegenden Umstellungsverfügung war es vollkommen klar, daß entsprechend dem Entwicklungsstand und vor allem im Hinblick auf die wesentlich rascher und leichter anlaufende Flaschen und Reglerfertigung, das Treibgas schneller und wirkungsvoller zum Einsatz gelangen würde als der Generator.

Zur Vermeidung von Reibungen war es notwendig, Trennlinien des zweckmäßigsten Einsatzes von nichtflüssigen Kraftstoffen auf allen hierfür in Frage kommenden Gebieten zu ziehen. In verbindung mit den einschlägigen Reichsressorts wurde folgende Abgrenzung festgelegt:

1. Die Verwendung von Flüssiggas ist im allgemeinen nur für Lastkraftwagen oder Omnibusse mit Ottomotoren vorzusehen: dazu kommen noch die Omnibusse mit Dieselmotoren, weil bei ihnen der nachträgliche Einbau von Generatoren technisch und wirtschaftlich sehr erschwert ist.

2. Für Lastkraftwagen mit Dieselmotoren sind Generatoren vorgesehen.

3. Eine Umstellung von Lastkraftwagen mit Ottomotoren auf Generatorgas setzt dort ein, wo die Umstellung regional besonders vorteilhaft (Kraftstofflieferung gesichert) und die Versorgung mit Flüssiggas erschwert ist.

4.Holzverarbeitende Betriebe erhalten für ihre Lastkraftwagen Flüssiggas nur in Ausnahmefällen nach eingehender Prüfung. Lastkraftwagen dieser Betriebe — Otto- und Dieselmotoren — sind sofort auf Generatorgas (Kraftstoff: Holz) umzustellen.

5. Der Einsatz des Generatorgases erfolgt nicht gleichzeitig im ganzen Reich, sondern nach und nach in bestimmten Räumen. Die Aufforderung zur Umstellung ergeht durch das Reichsverkehrsministerium. Freiwillige Umstellungen sind besonders erwünscht.

6. Die vorstehenden Grundsätze beziehen sich nur auf bereits zugelassene Fahrzeuge. Die Ausrüstung von Neufahrzeugen mit Generatoranlagen wird durch den Generalbevollmächtigten für das Kraftfahrwesen gesondert angeordnet.

In Zukunft werden vor allem die entsprechenden Fahrzeuge in den von uns besetzten Ländern auf Generatorgas umgestellt werden.

Zur Verwirklichung dieser Planung war es unbedingt notwendig, den Betrieb von Gasgeneratoren in Kraftfahrzeugen auf eine breitere Basis zu stellen, alle Ansätze in den vergangenen Jahren hatten nicht zu einem nachhaltigen Erfolg geführt Die Generatorfirmen befanden sich bei Kriegsbeginn in einer geradezu hoffnungslosen Lage, es war höchste Zeit, sie zu retten und zu neuem Leben zu bringen.

Die schon gleich in den ersten Kriegstagen von mir angeordnete Aufstellung des Generatorstabes sollte das Problem vorantreiben und die Voraussetzungen zu einem möglichst baldigen Einsatz des Generators schaffen.

Es war vorauszusehen daß die Zeitspanne bis zum Einsatz einer fühlbaren Generatorproduktion ziemlich groß sein würde. Mit der Fertigung von Generatoren allein war noch kein Erfolg zu erhoffen, die Fahrzeugfirmen selbst mußten sich mit dem Problem befassen und ihre Konstruktion auf die Generatoren abstimmen. Es waren Austauschteile konstruktiv festzulegen, die Fertigung von Hochleistungszündapparaten für Serienlieferung einzurichten, Fachpersonal für den Umbau zu schulen und vor allem die später umzustellenden Fahrzeuge zu erfassen. Neben der Sicherung des zu erwartenden Kraftstoffbedarfes, also der Bereitstellung von Holz, Torf und in bescheidenden Maße auch Kohlen, war es notwendig, die inneren Widerstände zu beseitigen und durch Aufklärungsarbeit dem kommenden Einsatz der Generatoren Bahn zu brechen. Alle diese Maßnahmen mußten unter den denkbar ungünstigsten Umständen und Voraussetzungen eingeleitet und durchgeführt werden, der Krieg forderte von allen Kraftfahrzeug und Industriewerken die höchste Anspannung: zusätzlich kam nun noch das Generatorproblem hinzu.

Die Entwicklung der vergangenen Monate hat den Generator nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland zu neuem Leben erweckt. Schon sehr bald nach Kriegsbeginn setzte in den baltischen Staaten, später auch in Schweden, eine starke Nachfrage nach Generatoren ein, die durch Eigenbau nicht befriedigt werden konnte. Deutschland konnte trotz Krieg und Materialengpässen schon um die Jahreswende recht beachtliche Stückzahlen exportieren. Auch Norwegen und Dänemark waren durch die Verhältnisse gezwungen, heimische Kraftstoffe einzusetzen. In beiden Ländern wurde die Zeitspanne bis zum Anlaufen einer Eigenfertigung durch deutschen Export überbrückt, beide Länder sind heute in der Lage und auch durchaus gewillt, nach und nach ihre Wirtschaftsfarhzeuge mit Generatoren zu betreiben. Nicht neue Möglichkeiten, sondern neue Notwendigkeiten für den Einsatz von Generatoren haben sich in den Westgebieten — Holland, Belgien und Frankreich — ergeben.

So gewinnt der Generator im Kraftfahrzeug nicht nur in Deutschland, sondern im europäischen Wirtschaftsraum fortlaufend an Bedeutung. Sein Einsatz im Lastwagen wie in der Zugmaschine, im landwirtschaftlichen Schlepper, in der Binnenschiffahrt, im Schienenfahrzeug beim ortsfesten Motor, bei der ortsbeweglichen Arbeitsmaschine ist durchaus aussichtsreich. Wenn wir und von den bisherigen Vorurteilen gegen den Generator freimachen, die Entwicklung weiter vorwärtstreiben und vor allem ohne Wunschträume die Versorgungsmöglichkeiten mit flüssigen Kraftstoffen auch für die fernere Zukunft durchdenken, zeichnet sich die künftige Bedeutung des Generators klar ab.

Der Betrieb von Kraftmaschinen mit Generatorgas ist sicher nicht das allein seligmachende Ziel zur Deckung des Kraftstoffbedarfes einer nationalen oder kolonialen Wirtschaft, er wird aber eine sehr wertvolle Ergänzung der übrigen Energiequellen bringen.

Im Sinne der Förderung des Generatorgedankens begrüße ich es als Generalbevollmächtigter für das Kraftfahrwesen außerordentlich, daß die ATZ sich in die Reihen der Vorkämpfer für den Generator stellt und durch die Herausgabe dieses Generator Heftes erneut in breitesten Kreisen für seinen Einsatz wirkt.

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